Sanierung außerhalb der Insolvenz
Am 29. Dezember 2020 wurde das Gesetz zur Fortentwicklung des Sanierungs- und Insolvenzrechts (kurz SanInsFoG) im Bundesgesetzblatt veröffentlicht. Kern des SanInsFoG ist das Gesetz über den Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen für Unternehmen (StaRUG).
Zielsetzung des Gesetzes
Mit Inkrafttreten von Teilen des SanInsFoG und damit des StaRUG zum 1. Januar 2021 soll sichergestellt werden, dass speziell von Corona betroffenen Unternehmen, die bilanziell überschuldet und nicht zahlungsunfähig sind, von den im Gesetz vorgesehenen Erleichterungen profitieren und von der Möglichkeit eines vorinsolvenzlich stattfindenden Restrukturierungsverfahrens Gebrauch machen können.
Zielgruppen
Das Gesetz zielt auf Unternehmen ab, die lediglich drohend zahlungsunfähig sind. „Nur“ drohende Zahlungsunfähigkeit ist auch eine Voraussetzung für die Insolvenz in Eigenverwaltung mit Schutzschirmverfahren, jedoch trägt dieses den Makel der Insolvenz in sich.
Das SanInsFoG konkretisiert die drohende Zahlungsunfähigkeit mit einem Prognosezeitraum von 24 Monaten. Zugleich grenzt das SanInsFoG die drohende Zahlungsunfähigkeit schärfer von der Überschuldung nach § 19 InsO ab, indem der Prognosezeitraum bei der Überschuldung auf 12 Monate bestimmt wird. Ein temporär verkürzter Prognosehorizont von vier Monaten gilt bis Ende des Jahres 2021 für Unternehmen, deren Überschuldung auf die Corona-Pandemie zurückzuführen ist. Die Insolvenzantragsfrist bei Überschuldung wird von drei Wochen auf sechs Wochen verlängert.
Vorteile des Verfahrens
Das neuer Gesetz ermöglich eine finanzwirtschaftliche, außerinsolvenzliche Restrukturierung auf Grund qualifizierter Mehrheitsentscheidungen der Gläubiger. Es gibt erstmals auch sanierungserfahrenen Unternehmensberatungen die Möglichkeit gemeinsam mit dem Unternehmen Vergleiche auf Basis von Mehrheitsentscheidungen innerhalb von Gläubigergruppen wie Finanzierern mit ¾-Mehrheit zu vereinbaren. Bisherige oft als Akkordstörer auftretende Gläubiger müssen sich Mehrheitsbeschlüssen beugen. Ausgenommen sind explizit Arbeitnehmeransprüche. Gläubigergruppen-übergreifende Vergleiche sind unter bestimmten Voraussetzungen auch möglich.
Anforderungen
- Das jeweilige Restrukturierungsvorhaben muss beim zuständigen Restrukturierungsgericht angezeigt werden zwecks
- Durchführung eines gerichtlichen Planabstimmungsverfahrens
- gerichtlicher Vorprüfung von Fragen, die für die Bestätigung des Restrukturierungsplanes erheblich sind
- gerichtlicher Anordnung von Regelungen zur Einschränkung von Maßnahmen der individuellen Rechtsdurchsetzung sowie
- gerichtlicher Bestätigung eines Restrukturierungsplans
- Eine Vollstreckungs- und Verwertungssperre kann zur Stabilisierung angeordnet werden.
- Auf Antrag des Unternehmens (Schuldners) kann das Restrukturierungsgericht anordnen, dass Maßnahmen der Zwangsvollstreckung eingestellt oder untersagt werden und dass Rechte an Gegenständen des beweglichen Vermögens, welche im Falle der Eröffnung eines Insolvenzverfahren als Ab- oder Aussonderungsrecht geltend gemacht werden könnten, von dem Gläubiger nicht durchgesetzt werden dürfen.
- Einsatz eines Restrukturierungsbeauftragten
- Unter bestimmten Voraussetzungen wird vom Gericht ein Restrukturierungsbeauftragter bestellt (§ 73 Abs. 1 StaRUG). Das ist z.B der Fall, wenn Rechte von Verbrauchern, mittleren, kleinen oder Kleinstunternehmen im Rahmen der Restrukturierung berührt werden sollen (§ 73 Abs. 1 Nr. 1 StaRUG). Der Restrukturierungsbeauftragte kann auch ohne Anordnung vom Unternehmen zur Sicherung des Sanierungsplans eingesetzt werden. Er übernimmt eine externe vermittelnde und kontrollierende Position zwischen dem Unternehmen, den Gerichten und den Gläubigern.
Wirkung des Restrukturierungsplans
Sollte der Plan nicht von allen Planbetroffenen angenommen worden sein, treten die Wirkungen des Plans mit der Verkündung der gerichtlichen Bestätigung des Plans ein (§§ 65 Abs. 1, 67 Abs. 1 StaRUG). Jedoch anders als im Insolvenzplanverfahren muss nicht der Eintritt der Rechtskraft der Bestätigung abgewartet werden.
Hinweis zur limitierten Aussetzung der Insolvenzantragspflicht
Mit dem Sanierungs- und Insolvenzrechtsfortentwicklungsgesetz (SanInsFoG) wurde das COVID-19-Insolvenzaussetzungsgesetz geändert und unter anderem die Insolvenzantragspflicht für den Monat Januar 2021 für Unternehmen ausgesetzt, bei denen die Auszahlung der seit dem 1. November 2020 vorgesehenen staatlichen Hilfeleistungen noch aussteht (siehe Artikel 10 Nummer 1 des SanInsFoG). Zu beachten: die Aussetzung gilt nicht, wenn offensichtlich keine Aussicht auf Erlangung der Hilfeleistung besteht oder die erlangbare Hilfeleistung für die Beseitigung der Insolvenzreife unzureichend ist. Die Inanspruchnahme dieser Regelung ist durch die Geschäftsführung der betroffenen Unternehmen nachvollziehbar zu dokumentieren, um eine späteres Haftung zu vermeiden.
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